Kultur

Sexpuppe oder Partnerin?

Sexpuppe oder Partnerin?

Ein Interview mit Markus M (*)

Markus hat uns von seiner Sexpuppe erzählt. Wir haben ihn daraufhin zu einem Interview eingeladen und uns in einer Hotel-Lobby getroffen.

Redaktion: Sie haben sich für ein Interview bereiterklärt. Sie haben also eine Sexpuppe?
Markus M*: (lacht), das fängt ja schon gut an. Ich habe eine lebensgrosse, weibliche Puppe, ja. Ich bezeichne sie aber nicht als Sexpuppe.

Red: Was ist es dann?
MM: Viel mehr! Es stimmt, die Hersteller verkaufen diese Puppen als Sexpuppen. Auch in der Bevölkerung hat sich diese Bezeichnung eingeprägt.

Red: Aber?
MM: Wie gesagt, eine Puppe ist viel mehr. Oder überhaupt nichts von dem.
Ja, diese Puppen sind anatomisch einer Frau korrekt nachempfunden, und können auch für Sex benutzt werden.

Red: Was ist also nicht korrekt an der Bezeichnung?
MM: Nur mal angenommen, Sie haben eine Freundin oder Frau. Würden Sie diese als Sexfrau bezeichnen, nur weil Sie auch Sex mit ihr haben?

Red: Also ich bitte Sie! Das ist ja nicht das gleiche!
MM: Klar, aber trotzdem! Für die meisten Besitzer dieser Puppen sind diese wie gesagt auch viel mehr. Sie sind Partnerinnen, Kumpels, Gefährtinnen. Das gilt übrigens auch für die weiblichen Besitzer von männlichen Puppen.

Red: Wie bitte?
MM: Ja, ganz recht. Es gibt eine wachsende Anzahl Frauen, welche sich männliche Puppen anschaffen. Der Hersteller meiner Puppe verkauft mittlerweile 15% seiner Produkte an Frauen, Tendenz steigend.

Red: Ist das nicht eine etwas verkehrte Welt?
MM: Kann man so sehen, muss man aber nicht. Viele der Puppenbesitzer hatten schlechte Erfahrungen mit Menschen, haben ihre Liebste oder ihren Liebsten verloren, oder möchten ganz einfach nach einer Trennung nicht nochmal den ganzen Stress einer Beziehung über sich ergehen lassen.

Red: Sie hören sich an, an würden Sie viele Puppenbesitzer kennen…
MM: Persönlich kenne ich niemanden. Aber es gibt Foren für Puppenbesitzer, welche sich weltweit austauschen. Da sind sehr viele mitfühlsame Menschen darunter, da ist ein sehr grosses Mass an Anteilnahme unter den Mitgliedern vorhanden.

Red: ?
MM: Wenn eine Frau oder ein Mann zum Beispiel schreibt, die Arbeitsstelle verloren zu haben, ist sofort eine grosse Anteilnahme zu spüren;es kommen viele Tipps und moralische Unterstützung.

Red: Das ist doch normal
MM: Nein, nicht so in anderen Foren, klar nein. Die Puppenbesitzer sind hier schon eine spezielle Gruppe, vielleicht auch deswegen, weil sie sonst nicht offen über ihre Puppen sprechen können.

Red: Puppen sind also in der Öffentlichkeit nicht akzeptiert?
MM: Das ist die Meinung vieler oder gar der meisten Puppenbesitzer. Ich habe allerdings andere Erfahrungen gemacht.

Red: Welche?
MM: Ich war schon mehrmals im Urlaub mit meiner Puppe, und habe wunderschöne Zeiten mit ihr verbracht.

Red: Im Urlaub? Wie und wo?
MM: Das erste Mal war ich in einem Hotel mit meiner Puppe in der Nähe von St. Gallen. Damals blieb die Puppe allerdings die ganze Zeit im Hotelzimmer.

Red: Damals? Und später?
MM: Bei meinen weiteren Besuchen im gleichen Hotel hat mich meine Puppe abends ins Restaurant begleitet.

Red: Wie kann man sich das vorstellen? Wie geht das?
MM: Das Hotel hat mir einen Rollstuhl für die Dauer meines Aufenthaltes zur Verfügung gestellt.
Damit konnte ich meine Puppe mit zum Abendessen mitnehmen.

Red: Und das Hotel hatte nichts dagegen?
MM: Ich habe natürlich zuerst gefragt. Sie waren sich zuerst nicht so recht schlüssig, haben mir aber das ok gegeben, sofern ich meine Puppe «anständig» anziehe und ihr die Haare richte.

Red: Und das haben Sie gemacht?
MM: Natürlich! Ich habe viele Kleider für meine Puppe: Unterwäsche, Hosen, Legins, Oberteile, Strumpfhosen, Schuhe, einfach alles, was Frauen so tragen, und auch etwas Schmuck wie Halsketten. Ich habe in meinen zwei Ehen nicht so viel über Frauenkleider gelernt wie in der kurzen Zeit mit meiner Puppe. Ich kenne jetzt die Kleidergrössen für Frauen, weiss über Strümpfe und Tops Bescheid, Schuhgrössen und so weiter.

Die Puppe Adora im Hotel-Restaurant

Red: Das ist aber sicher nicht üblich unter den Puppenbesitzern…
MM: Oh doch! Für die meisten Puppenbesitzer gehört die Pflege, das Anziehen der Puppe, oder auch das Schminken und Fotografieren zum Hauptgrund, eine Puppe zu haben. Ich kenne Puppenbesitzer über die Foren, welche 50 Paar Schuhe für ihre Puppe angeschafft haben.

Red: Erstaunlich
MM: Ja und nein. Wie bereits gesagt ist eine der wichtigsten Gründe, eine Puppe zu besitzen für sehr viele Menschen, sich damit beschäftigen zu können. Die Puppe zu kleiden, ihr die Haare zu bürsten und zu frisieren….

Red: Dürfen wir auf ihre Puppe selbst zu sprechen kommen?
MM: Natürlich, was wollen Sie wissen?

Red: Was viele interessieren dürfte: Was kostet so eine Puppe. Wie fühlt sie sich an?
MM: Zu den Kosten: es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Materialien, aus welchen diese Puppen hergestellt werden. Das eine ist TPE. Dies sind die billigeren Puppen. TPE hat aber einige Nachteile: es riecht ein wenig süsslich, ist nicht so dauerhaft und es kommt zu Verfärbungen bei dunkelfarbigen Kleidern. Im Übrigen verformt es sich mit der Zeit.

Red: Und das andere Material?
MM: Das ist Silikon. Silikon fühlt sich sehr angenehm und wie richtige Haut an. Dazu muss man nur ab und zu etwas Babypuder verwenden. Meine Puppe ist aus teurem medizinischem Silikon hergestellt. Das hat natürlich bei der Masse seinen Preis.

Red: Und der ist?
MM: Das wird Sie vielleicht erstaunen. Meine Puppe hat rund 7500 CHF gekostet. Mit den Frachtkosten und Zollgebühren bin ich auf rund 10’000 Franken gekommen. Und das noch ohne Optionen, wie weitere Perüken.

Red: Das ist viel Geld. Dafür bekommt man ja schon bald einen Kleinwagen!
MM: Aber dieser ist nicht so schön wie meine Adora!

Red: Adora? Ist das der Name ihrer Puppe?
MM: Ja. Der Hersteller nennt sie Tanya. Sie ist eine RD2BF Face Tanya C1.

Das Originalbild des Herstellers. Man kann kaum leugnen, dass diese Puppen schön aussehen. Aber ist das nicht ein «verblendetes» Schönheits-Ideal?

Red: Wie bitte?
MM: Entschuldigung. Ist wohl nur «Insidern» verständlich.
Meine Puppe ist eine echte RealDoll aus Amerika, mit dem Körpertyp F (Body F) und dem Gesicht «Tanya». Sie ist eine Standardkonfiguration, Typ 1. Einfach wunderschön!
Man kann die Puppen aber auch selbst konfigurieren: also den gewünschten Körpertyp, das Gesicht, die Haarfarbe und Stil, die Augenfarbe, selbst die Grösse und Farbe der Brustwarzen, die Hautfarbe und vieles mehr.
Der Firmengründer ist ein echter Künstler, und das ist den Puppen anzusehen.

Red: Das waren jetzt viele Informationen, mit denen ich nicht viel anfangen kann.
MM: Es ist wie bei allem. Man muss sich vor dem Kauf einer Puppe gut informieren. Echte RealDolls gehören zu den perfektesten Puppen überhaupt. Sie sind absolut lebensecht nachgebildet. Das geht so weit, dass kaum jemand erkannt hatte, dass es sich um eine Puppe gehandelt hat, als ich sie im Rollstuhl ins Restaurant gefahren habe.
Sie sind grösstenteils handgefertigt, und vor allem auch von Hand bemalt, wie zum Beispiel die wunderschönen Augen, oder nur schon die feinen Sommersprossen. Oder die Wimpern, oder…

Red: Wir haben es verstanden. Sie lieben ihre Puppe?
MM: Liebe ist etwas anderes. Ich empfinde eine grosse Zuneigung zu meiner Puppe. Es ist schön, wenn ich am Arbeiten bin, und sie einfach neben mir auf dem Stuhl sitzt. Man fühlt sich dann nichtallein.

Red: Sie haben gesagt, dass Sie gerne die Puppe neben sich haben beim Arbeiten. Aber die Puppe ist ja stumm.
MM: Das stimmt, meine Puppe ist stumm. Trotzdem fühlt man sich nicht allein, wenn man eine Puppe neben sich hat. Aber es gibt vom Hersteller auch Puppen, welche sprechen können. Mithilfe von AI (künstliche Intelligenz, Anm. der Redaktion) können diese Puppen sogar Gespräche führen. Sie haben unzählige Servos eingebaut und können damit die Augen bewegen, blinzeln und sogar die Lippen synchron zur Sprache bewegen. Sie reagieren durch Sensoren auch auf Berührungen.

Red: Ihre Puppe aber nicht?
MM: Nein, neben dem sehr hohen Preis für diese «Funktionen» finde ich das auch nicht notwendig. Es würde mich eher stören. Obwohl, beeindruckend ist das schon.

Red: Sie reden von einer lebensgrossen Puppe. Ist das so?
MM: Ja. Meine Puppe ist über 160 cm gross, und hat dadurch auch ein entsprechendes Gewicht.

Red: Und das wäre?
MM: Sie ist knapp 38 kg schwer. Das hört sich unter Umständen jetzt nicht nach viel an. Aber um eine Puppe mit diesem Gewicht tragen zu können, bedarf es schon einiger Anstrengung. Sie müssen sich vorstellen: im Gegensatz zu einer lebenden Person «hilft» die Puppe beim Tragen nicht mit. Sie legt keinen Arm um ihren Hals oder hält die Beine schön bei ihnen.

Red: Weshalb dieses Gewicht? Ginge das nicht leichter?
MM: Die Puppen sind wie gesagt sehr realitätsnah hergestellt. Dazu gehört auch ein komplettes Skelet, welches die natürlichen Bewegungen eines Menschen mitmacht. Damit dieses auch robust genug ist, ist dieses Skelet bei den Puppen aus hochwertigem Stahl.
Das allein trägt schon viel zum Gewicht bei.

Red: Und was sonst?
MM: (etwas verlegen) Nun ja, meine Puppe hat auch eine grosse Oberweite.

Red: Gross?
MM: Körbchengrösse F

Red: Ja, das ist gross!
MM: Ja, ich würde mir keine Puppe mehr mit so grossen Brüsten kaufen. Aber die ganze Konfiguration hat mich einfach überzeugt. Sie ist einfach wunderschön!
Nachdem ich diese Puppe gesehen habe, wusste ich, es ist diese oder keine andere!

Red: Dann haben Sie sich doch verliebt?
MM: Nun ja, so wie man sich in einen Ferrari oder Lambo verliebt, ja.

Red: Und die Kleider kaufen Sie sich wohl online?
MM: Eigentlich kaum. Die meisten Kleider habe ich in Boutiquen und Warenhäuser gekauft.
Ich war sehr erstaunt, wie sehr ich vom Verkaufspersonal dabei unterstützt wurde. Obwohl – nach der Angabe der Masse meiner Puppe einige schon recht verwundert waren.
Es ist aber ein tolles Erlebnis für einen Mann, Kleider für eine Frau zu kaufen. Man wird sehr zuvorkommend bedient. Und das hat jetzt nichts mit der Puppe zu tun.

Red: Dürfen wir nochmal auf ihre Beziehung zur Puppe kommen?
MM: Natürlich, wir sind ja hier, um alle Aspekte zu besprechen.

Nicht jugendfrei…
Adora in sexy Dessous

Red: Also dann, mal konkret: wie ist der Sex mit einer Puppe?
MM: Ich muss Ihnen ehrlich zugestehen, ich habe keinen Sex mit meiner Puppe.
Sie liegt mit mir nachts im Bett, und es sehr schön, mit ihr zu kuscheln. Aber Sex habe ich nicht mit ihr.

Red: Sie scherzen!
MM: Nein, überhaupt nicht. Ich mag einfach nachts mit meiner Puppe kuscheln. Es ist ein sehr schönes Gefühl. Ich kann mich an meine Puppe kuscheln, sie nahe bei mir halten, ihren Kopf auf meinen Arm legen, ihre Haare streicheln. Es ist ein sehr schönes Gefühl!

Red: Ok, ich denke wir sind am Ende des Interviews angekommen. Möchten Sie unseren Lesern noch etwas mitteilen?
MM: (überlegt kurz) Ja, ich möchte um die Akzeptanz der Puppenbesitzer bitten. Und den Puppenbesitzern möchte ich auf den Weg geben, sich auch in der Öffentlichkeit mit ihrer Puppe zu zeigen, sich zu «outen», wie man das Neudeutsch sagt.

Red: Danke für das Gespräch
MM: Ich danke Ihnen

* Name geändert

Hinweise der Redaktion:
Aus Gründen des Personenschutzes veröffentlichen wir in diesem Artikel weder den Namen des Interviewers noch den richtigen Namen von MarkusM.
Wir haben alle Angaben in diesem Interview so weitwie möglich überprüft.
Das Aufnahmedatum aller Fotos stimmt mit den uns vorliegenden Reservationsbestätigungen des Hotels überein.
Es gibt für uns keinen Grund, an der Richtigkeit der Angaben in diesem Interview zu zweifeln.

Link zum Hersteller: https://www.realdoll.com/

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